Wie sicher sind alte Reifen im Wohnmobil? | promobil

2022-07-15 20:02:35 By : Mr. Jerry Chao

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Reisemobil-Reifen müssen andere Anforderungen erfüllen als die Pneus sportlicher Pkw. Wie groß die Unterschiede wirklich sind und wie der Fahrer zu mehr Sicherheit beitragen kann, lesen Sie hier.

Reifen für Reisemobile und Campingbusse sind wahre Arbeitstiere. Sie müssen das Mobil nebst Besatzung und dem ganzen Hausstand zu oft weit entfernten Zielen tragen. Sie dürfen – obwohl sie oft mit weit über einer Tonne Gewicht pro Reifen belastet sind – bei scharfkantigen Bordsteinkontakten nicht gleich klein beigeben. Zudem sollen sie, neben einer langen Haltbarkeit, auch höchstmögliche Sicherheitsreserven und maximalen Grip bei allen Straßenlagen bieten. Um das zu erreichen, unterscheiden sie sich konstruktiv ziemlich deutlich von den vergleichsweise leichten und elastischen Pkw-Reifen.

Unter dem Laufstreifen – dem Bereich des Reifens, der mit der Fahrbahn in Kontakt kommt – mit meist groberem Profil aus härterem, festerem Gummi sind mehr und stärkere Gürtellagen aus Stahlgewebe eingebaut. Auch die Karkasse, das den Gummi des Reifens zusammenhaltende, hochfeste Gewebe aus besonders zugfesten Nylonfäden, ist weitaus kräftiger und vor allem mehrlagig aufgebaut.

Oft wird die Zahl der Lagen oder ein Äquivalent davon außen auf dem Reifen in der sogenannten PR-Zahl angegeben. Die PR-Zahl – das Ply-Rating – beschreibt bei Leicht-Lkw-Reifen, zu denen auch die Transporter- und Reisemobil-Reifen gehören, die Anzahl der Karkasslagen, die wiederum ein Indiz für die Tragfähigkeit des Reifens ist. Reifen mit 8 PR haben somit stets eine höhere Tragfähigkeit als solche mit nur 6 PR.

Entscheidend aber dafür, mit welcher Last ein Reifen belastet werden darf, ist ausschließlich sein Last-Index (LI), der auf der Reifenseitenwand in Form eines Indexwerts angegeben ist – zur Übertragung in Gewichtswerte dienen Tabellen, die im Internet unter "Last-Index Reifen" leicht zu finden sind.

Der Code gibt an, wieviel Kilo Gewicht der einzelne Reifen tragen darf. Um diesen Wert zu erreichen, muss er jedoch mit dem ebenso auf der Reifenseitenwand angegebenen Höchstluftdruck aufgepumpt sein. Ist der Fülldruck geringer, darf der Reifen nicht voll belastet werden. Der LI, auch Tragfähigkeitsindex genannt, steht gleich hinter den Größenangaben des Reifens. Ein Sprinter-Reifen der Größe 235/65 R 16 C führt oft hinter der Reifentypbezeichnung C für Commercial (Nutzfahrzeuganwendung) oder CP (Campingfahrzeuge) die Belastbarkeits- und Geschwindigkeitskennziffern 121/119 R. Die erste Zahl davon gibt dabei die Belastbarkeit des Reifens bei Einfachbereifung (hier 1.450 kg pro Reifen) an. Trägt die Hinterachse Zwillingsbereifung, gilt die Zahl nach dem Schrägstrich: Zwei Reifen auf einer Fahrzeugseite montiert dürfen zusammen dann nicht 2.900 kg, sondern nach Lastindex 119 lediglich zweimal 1.360 kg, also 2.720 Kilo tragen. So oder so deutlich mehr als bei Pkw-Reifen, die mit typischen Lastindizes zwischen 91 und 100 nur zwischen 615 und 800 Kilo pro Rad tragen dürfen.

Ein weiteres Kriterium für die Belastbarkeit des Reifens ist der sogenannte Speed-Index, ganz am Ende der Reifenkennung. Das "R" des Beispielreifens etwa bedeutet, dass er bei Nennlast nur bis Tempo 170 zugelassen ist – was für die meisten Camper und Transporter gut ausreichend ist.

Sowohl die Höchstlast wie auch die Höchstgeschwindigkeit des Reifens dürfen keinesfalls überschritten werden. Damit das nicht passiert, hat der Hersteller in der Regel vorgesorgt und dem Fahrzeug für das zulässige Gesamtgewicht wie auch für die erreichbare Geschwindigkeit ausreichend dimensionierte Reifen aufgezogen und in die Fahrzeugpapiere eingetragen.

Nur Winter- oder Geländereifen mit Schneeflocken- oder M+S-Symbol dürfen mit geringerer Geschwindigkeitsresistenz gefahren werden. Dann muss der Fahrer darauf achten, das konstruktive Geschwindigkeitslimit des Reifens nicht zu überschreiten. Ein entsprechender Aufkleber im Sichtbereich des Fahrers ist dann zwingend vorgeschrieben. Dass ein Reise- mobil aus Sicherheitsgründen nicht überladen werden darf, sollte auch klar sein.

Höhere Tragfähigkeit, längere Lebensdauer, robusterer Aufbau – Eigenschaften eines Reisemobil-Reifens, die einerseits Vorteile, andererseits aber auch ein paar Nachteile mit sich bringen. Diese Vor- und Nachteile sind physikalischer und konstruktiver Natur. Wer sie kennt, sie einschätzen kann und damit umzugehen vermag, ist sicherer unterwegs. Besonders sicherheitsrelevant ist etwa das Bremsvermögen eines Reifens auf trockener und ganz besonders auf nasser Straße. Hier müssen Reifen und Bremsen ihr Bestes geben. Mit großdimensionierten Bremsscheiben und modernen ABS-Systemen sind die Stopper von Reisemobilen denen von Pkw fast ebenbürtig – zumindest beim Verzögern aus den jeweils üblichen Geschwindigkeiten. Hohe Tonnagen fordern Reisemobil-Reifen indes auch beim Bremsen besonders stark.

Die Reifen müssen, um der Forderung nach längerer Haltbarkeit und höherer Gewichtsbelastung nachzukommen, mit festeren Gummimischungen ausgestattet sein. Und die können sich nun mal nicht so gut mit dem Asphalt verzahnen, wie es ein weicherer Pkw- oder gar ein noch weicherer Sportwagen-Reifen kann. Die Folge: Die Bremswege werden länger – insbesondere dann, wenn der Asphalt nass ist. Um herauszufinden, wie groß die Unterschiede hier genau sind, haben wir die gemittelten Ergebnisse der promobil-Reifentests der vergangenen Jahre mit den Ergebnissen der Pkw-Reifentests unserer Kollegen von auto motor und sport verglichen.

Während die Bremswege auf trockener Bahn – hier wird in den promobil-Tests üblicherweise aus Tempo 100 gebremst – mit durchschnittlich rund sechs Metern Differenz spürbar, aber noch akzeptabel sind, sind die Unterschiede auf Nässe deutlich gravierender: Während ein Pkw auf guten Marken-Sommerreifen hier nach rund 23 Metern zum Stehen kommt, braucht ein ebenso sommerbereiftes 3,5-Tonnen-Reisemobil auf Fiat-Ducato-Basis rund 32 Meter. Weil bei den Nässetests "nur" aus Tempo 80 gebremst wird, ist der Unterschied von neun Metern umso gravierender und sollte mit besonders umsichtiger Fahrweise, stets angepasstem Tempo und großzügigem Sicherheitsabstand begegnet werden.

Gleiches gilt für die Sicherheit etwa in regennassen Kurven. Auch hier ist die härtere Gummimischung der Transporter- und Wohnmobil-Reifen von Nachteil. Während der Pkw in unseren Tests noch mit etwa Tempo 100 die Spur halten kann, rutscht der Camper bereits mit Tempo 82 kräftig untersteuernd aus der Kurve.

Andererseits haben die robusten C- oder CP-Reifen auch ihre Vorteile: Mit ihrem groberen Profil und ihren festen Profilblöcken sind sie, unterstützt durch die gewichtsbedingt hohe Anpresskraft, auf dem Asphalt bei Starkregen oder auch Schneematsch um Welten überlegen. Während Pkw in den Aquaplaningtests bereits bei Tempo 70 unhaltbar aus der Kurve fliegen, pflügt ein teilbeladenes Reisemobil auf Ducato-Basis noch mit Tempo 95 unbeirrbar durchs Wasser. Ein Vorteil, der jedoch nicht bis zur letzten Rille ausgenutzt werden sollte. Während sich ein Pkw bei niedriger Aquaplaninggeschwindigkeit von einem erfahrenen Fahrer noch sicher abfangen lässt, endet der Abflug eines großen Campers im höheren Geschwindigkeitsbereich meist neben der Fahrbahn – ein Umkippen ist dabei nicht ausgeschlossen.

Diese Versuche wurden wie üblich mit nahezu neuwertigen Reifen bei voller Profiltiefe durchgeführt. Wohl wissend, dass sich teilweise oder schon weitgehend verschlissene Reifen ganz anders verhalten (können). Um den Effekten auf die Spur zu kommen, wurden sowohl Pkw- als auch Transporter-/Wohnmobil-Reifen im Neuzustand sowie an ihrer Verschleißgrenze mit nur noch zwei Millimetern Restprofil in weiteren Tests verglichen.

Mit durchaus überraschenden Ergebnissen: Die Reifen auf vergleichsweise leichten Pkw reagieren recht empfindlich auf die durch einen kontrollierten Abtragungsprozess auf 2 mm reduzierte Profiltiefe. Das Fahrzeug schwimmt bei Regen bereits mit Tempo 50 auf, auch die Bremswege aus 80 km/h werden mit etwa neun Meter mehr deutlich länger.

Der erheblich schwereren Reisemobil-Vorderachse scheinen die ebenso auf zwei Millimeter Restprofil abgewetzten Michelin-Reifen weit weniger auszumachen. Natürlich sind die Einflüsse beim Aquaplaning klar feststellbar, aber bei weitem nicht so gravierend wie beim Pkw. Zwar reduziert sich die Aufschwimmgeschwindigkeit auf rund 82 km/h, im Vergleich zum Auto verhält sich der schwere Camper jedoch noch vergleichsweise sicher.

Auch beim Bremsen auf Nässe müssen im Camper mit abgenutztem Profil nicht so viele Defizite weggesteckt werden wie im Pkw: Dennoch ist ein rund sechs Meter längerer Bremsweg gegenüber Neureifen ein Grund, die Reifen schleunigst auszutauschen.

Der einzige Grund ist das aber noch nicht: Für den korrekten Gesamteindruck müssen an dieser Stelle auch noch die anderen, bislang nicht erwähnten Nachteile abgefahrener Reifen genannt werden. Dazu zählen neben grundsätzlich schlechterer Performance auch ein durch mögliche Auswaschungen unrunderer Lauf oder Geräusche durch sägezahnartigen Profilverschleiß.

Abgefahrene Reifen haben aber sogar auch Vorteile: Tatsächlich lassen sich mit abgefahrenen Reifen – jedoch nur auf trockener, sauberer Bahn – geringfügig kürzere Bremswege erzielen und ihr Rollwiderstand fällt etwas niedriger aus. Vorteile, die man jedoch wegen der vielen Nachteile auf der anderen Seite besser nicht nutzen sollte.

Ein Campingbus oder Reisemobil ist auf gute Reifen angewiesen, soll es stets sicher unterwegs sein. Reifen, die neben einer gewissen Verschleißresistenz vor allem möglichst hohen Grip auf allen Straßen bieten. Wichtig zu wissen ist dabei, dass Pkw – so will es die Physik – beim Bremsen meist die besseren Karten haben. Erst recht dann, wenn der Wohnmobil-Reifen überaltert oder gar schon spröde geworden ist. Zu spüren, und das machte der Aquaplaning-Versuch deutlich, ist die nachlassende Profiltiefe nicht ohne weiteres. Hier gilt es, regelmäßig nachzumessen und die Reifen vor jeder größeren Fahrt, neben dem obligatorischen Luftdruckcheck, einer gewissenhaften Sichtprüfung zu unterziehen und bei Bedarf rechtzeitig zu ersetzen.

Besonders widerstandsfähig gegenüber reisemobiltypischen Beanspruchungen, wie andauernd hoher Beladung, intensiver Sonneneinstrahlung im Süden oder drohenden Standplatten, sind übrigens die bereits erwähnten CP-Reifen.

Diese Reifen werden aufgrund der etwas geringeren Laufleistungsansprüche meist mit Pkw-ähnlicheren, nasshaftstärkeren Laufstreifenmischungen versehen, die auch beim sicherheitsrelevanten Bremsen wichtige Meter retten können.

Solche Reifen werden – bislang ausschließlich mit Sommerprofilen – von verschiedenen Reifenmarken in einigen typischen Reisemobil-Reifendimensionen angeboten. Eine interessante Neuerscheinung ist hier übrigens der kürzlich eingeführte Michelin Cross-Climate Camping. Ein Allwetterreifen, der all diese Vorteile in sich vereint und bei nur geringen Einschränkungen auf nassem und trockenem Asphalt auch für den Einsatz bei winterlichen Bedingungen zugelassen ist. Dieser Reifen kann darüber hinaus, das haben unsere jüngsten Reifen-Tests gezeigt, sogar abseits asphaltierter Straßen für überraschend gute Traktionsleistungen sorgen.

1. Bremswege auf nassem und trockenem Asphalt aus 80 km/h bzw. 100 km/h in Metern

2. Sicherheit Kurvengeschwindigkeit bei Nässe

3. Aufschwimmgeschwindigkeit bei Aquaplaning in der Kurve (Wassertiefe 7 mm)

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